Die Außenstelle in der Erstaufnahmeeinrichtung Boostedt
Seit dem 01. Januar 2018 wird die Beschulung derjenigen Kinder, die in der Landesun-terkunft (Luk) in Boostedt auf dem Gelände der ehemaligen Rantzau-Kaserne leben, durch die Grund- und Gemeinschaftsschule Boostedt durchgeführt. Zuvor war der Betreuungsverband, das Deutsche Rote Kreuz (DRK), für die Sprachförderung der Kinder und Jugendlichen zuständig. Seit dem damals etwas überraschenden Beginn hat das motivierte Team der Lehrkräfte unter der Leitung der ebenso engagierten Schulleiterin Frau Drummen eine gute Struktur für Schule und Unterricht entwickelt.
Das Schulgebäude „P12" befindet sich am Rande der Luk und bietet durch die groß-zügige Rasenfläche einen grünen „Schulhof". Mit Badminton-Sets, Springseilen, Sei-fenblasen und Co verleben die Kinder dort freudig ihre Pause. Die Klassenräume so-wie Flure sind bunt gestaltet mit Kunstwerken der Kinder, mehrsprachigen Lernpostern mit Bildern und den Gegenstandsbezeichnungen (z.B. „das Fenster"). Am anderen Ende der Luk befindet sich eine Sporthalle, deren Nutzung auch der Schule gelegent-lich möglich ist.
Momentan unterrichten acht Lehrkräfte die etwa 60 Sechs- bis Fünfzehnjährigen, während die älteren SchülerInnen an den Beruflichen Schulen in Neumünster be-schult werden. Auch Frau Drummen selbst unterrichtet zweimal wöchentlich die Kin-der, die aus Syrien, Afghanistan, dem Irak und Iran, Russland, der Türkei, Serbien und vielen anderen Ländern nach Deutschland gekommen sind. Die Sprachkenntnisse der Kinder sind ebenfalls sehr heterogen. Neben den verschiedensten Herkunftsspra-chen (z.B. Arabisch, Kurdisch oder Farsi) haben viele der Kinder Grundkenntnisse in Englisch, Schwedisch, Französisch, Spanisch oder auch schon Deutsch. Einige Fami-lien, die in der Luk untergebracht sind, leben sogar seit mehreren Jahren in Deutsch-land und die Kinder sind in Deutschland zu Welt gekommen.
Der Unterricht der derzeit vier Lerngruppen gestaltet sich ebenso vielfältig. Jede Lern-gruppe hat einen eigenen Stundenplan, wobei jeder Schultag vier Unterrichtsstun-den umfasst. Die älteren SchülerInnen starten um 07.30 Uhr, sodass sie um 11.00 Uhr den Unterricht beendet haben. Die Jüngeren werden von 09.30 Uhr bis 13.00 Uhr be-schult. Auch wenn der Schwerpunkt natürlich immer auf dem „DaZ-Unterricht" (Deutsch als Zweitsprache) liegt, finden viele andere Fächer und Themen sich in den Stundenplänen wieder. Denn auch Fächer wie Mathe, Kunst, Sport, Musik oder Welt-kunde bieten tolle Möglichkeiten, um mit den SchülerInnen neben dem fachlichen Inhalt gleichzeitig weitere Sprachkenntnisse zu erwerben. Zentrale Elemente des DaZ-Unterrichts wie die Erweiterung des Wortschatzes oder das Erlernen der deutschen Syntax finden sich in allen Unterrichtsfächern.
Unabhängig vom Fach lebt der Unterricht mit geflüchteten Kindern stark von zahlrei-chen Ritualen, die den SchülerInnen eine absehbare Tagesstruktur bieten. So wird beispielsweise in allen Lerngruppen zu Beginn des Tages darüber gesprochen, wel-cher Tag und welches Datum ist. Auch der Wetterbericht ist fester Bestandteil des Morgenrituals. Dass die Lernenden absehen können, wie sich ihr Schultag gestaltet, ist insbesondere bei der Arbeit mit möglicherweise traumatisierten Kindern unerläss-lich. Das Anliegen, den Lernenden in der Schule das Gefühl größtmöglicher Sicher-heit und Behaglichkeit zu vermitteln, wird durch das vom LLUR betreute Schulpro-gramm „Obst, Gemüse und Milch" unterstützt. Denn auch die „kleine Obstpause" ist bei den Lerngruppen inzwischen ein wichtiger Teil des Schultages. Auch wenn das Verarbeiten der Nahrungsmittel derzeit nicht mit den SchülerInnen stattfinden kann, bietet das gemeinsame Essen die Möglichkeit, alltagsbezogen den Wortschatz zu vertiefen, mit einzelnen Kindern ins Gespräch zu kommen und natürlich den kleinen Hunger zu stillen. Eine großartige Unterstützung und Bereicherung für die Lehrkräfte und die Kinder ist nicht nur dabei Miles Simmonds, der seit September im Rahmen sei-nes Freiwilligen Sozialen Jahres „Schule" in der Luk arbeitet.
Sowohl für die SchülerInnen als auch für die Lehrkräfte ist die Schule in der Luk etwas Besonderes. Zu beobachten, wie Kinder „sprachlos" ankommen und sich nach und nach sprachlich und emotional so entwickeln, dass sie wahre Geschichtenerzähler werden, ist bemerkenswert. Aber auch ein Gespräch mit einem Kind über den anste-henden Transfer (also die Verteilung in einen Kreis) und die damit verbundene Auf-regung oder sogar Angst ist ein einnehmender Moment. Um den Start in das neue Leben dort zu erleichtern, bemühen wir uns, den Grundschülern einen Schulranzen mitzugeben. Dies ist dank Sabine Duggen möglich, da sie regelmäßig eine Samm-lung von Schulranzen hierfür organisiert.
Um den Kindern der Stammschule (also der „normalen" Grund- und Gemeinschafts-schule) und den Kindern aus der Luk das Kennenlernen und den Austausch mitei-nander zu ermöglichen, gab es bis Anfang des Jahres regelmäßig die Möglichkeit für die Luk-Kinder, am Angebot der Offenen Ganztagsschule teilzunehmen. Auch der Grundschul-Chor der Stammschule wurde durch die Zusammenarbeit von Hauke Petersen und Severine von Stemm zwischenzeitlich ein „gemischter Chor" und be-geisterte bei mehreren Auftritten das Publikum. Dank dem Schulförderverein konnten die ChorsängerInnen aus der Luk sogar im T-Shirt der GGemS Boostedt auftreten. Weitere Begegnungsmöglichkeiten zwischen deutschen und geflüchteten Kindern gab es seit 2018 durch das große Engagement von Hartwig Puhlmann und dem DRK während des Ferienpasses.
Ansprechpartner bei Fragen: Michaela Kühl (kuehl@schule-boostedt.de)
gesamten Artikel lesen »